Im Kern laufen alle Maßnahmen zur Bedarfsermittlung auf das Prinzip hinaus, dass Handelnde über ihre Handlungspraxis Auskunft geben sollen. In vielen Fällen finden sich auf diesem Weg die für die Konzeption von Weiterbildungsmaßnahmen erforderlichen Informationen. Der Erfolg dieses Prinzips beruht jedoch auf Voraussetzungen, die nicht immer erfüllt sind.
Sollen die Informationen durch Fragen ermittelt werden, sei es mündlich im - mehr oder weniger strukturierten - Interview oder schriftlich über einen Fragebogen, dann muss ein entsprechender Fragenkatalog erstellt werden. Dieser schon vor der Erhebung entwickelte Katalog hinterfragt nicht zwingend den Sachverhalt, der tatsächlich problematisch ist.
Die richtigen Fragen zu stellen, setzt eine Kenntnis der Arbeitspraxis und der Arbeitsabläufe voraus, die gerade bei großen Firmen nur bei den unmittelbar Betroffenen vorhanden ist.
Eine Befragung der Beteiligten trifft darüber hinaus immer auf subjektive Perspektiven, in die ganz unterschiedliche Interessen eingehen.
Unterschiede in der Sichtweise von Führungsebene, direktem Vorgesetzten und Mitarbeitern sind daher fast schon systematisch, und der Personalentwickler steht vor der schwierigen Aufgabe, allen Seiten gerecht zu werden. Für Vorgesetzte und Mitarbeiter gilt zudem, dass das Offenlegen von Qualifizierungsbedarf nicht als Chance zur Weiterentwicklung, sondern als Eingeständnis von Defiziten betrachtet und daher eher vermieden wird. Nicht selten klingen deshalb die Antworten der Befragten wie Zitate aus den Arbeitsanweisungen oder den schon erhaltenen Schulungen. Mit der tatsächlichen Handlungspraxis haben diese Selbstdarstellungen selten etwas zu tun.