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Interview mit Daniel F. Pinnow: Worauf es beim Führen ankommt

Daniel F. Pinnow, Leiter der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft, hat zur Feder gegriffen und einen Überblick über den Status quo der Führungslehre geschrieben: In seinem Buch 'Führen' (Gabal 2005, ISBN 3-8349-0016-8) fasst er aktuelle Managementansätze von Drucker bis Malik zusammen - und erklärt dem Leser, so der Untertitel, 'worauf es wirklich ankommt'. Im Interview erläutert Pinnow, was eine gute Führungskraft aus seiner Sicht auszeichnet.

Herr Pinnow, Sie haben in Ihr neues Buch den schönen Satz geschrieben 'Führen heißt auch lieben'. Das klingt ja ziemlich hoch gegriffen...

Daniel F. Pinnow: Stimmt. Der Begriff 'Liebe' hört sich im ökonomischen Kontext tatsächlich befremdlich an. Ich möchte damit durchaus ein bisschen provozieren, um zur Diskussion anzuregen. Doch ich meine es auch ernst: Liebes- ist von Leistungsfähigkeit gar nicht weit entfernt. Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Führungskraft ihren Job nur dann wirklich gut machen kann, wenn sie Menschen liebt, denn nur dann kann sie gute Beziehungen zu ihnen aufbauen. Führungskräfte brauchen aus meiner Sicht nicht nur das richtige Handwerkszeug. Sie müssen auch Beziehungsmanager sein. Was nun aber nicht heißt, dass Führungskräfte Softies sein sollten, die mit einer Wir-haben-uns-alle-lieb-Haltung durch die Welt gehen.

Sondern?

Daniel F. Pinnow: Führungskräfte müssen die Balance zwischen kooperativem und autoritärem Führungsstil halten. Das bedeutet, sie müssen die Fähigkeit haben, mit Menschen angemessen umzugehen. Wohlgemerkt: angemessen, nicht 'richtig'. Führungskräfte stehen schließlich zwischen drei Interessenspolen: ihren eigenen Interessen, denen der Mitarbeiter und denen der Organisation. Sie müssen den Mitarbeitern zwar Halt und Orientierung geben, aber auch Entscheidungen treffen, die nicht immer für alle angenehm sind. Wenn eine Führungskraft eines davon nicht beherrscht, dann ist sie in ihrem Job schlichtweg eine Fehlbesetzung.

Und - sind viele deutsche Führungskräfte eine Fehlbesetzung?

Daniel F. Pinnow: Was ich beobachte, ist, dass die Führungskräfte hier zu Lande in der Regel fachlich sehr gut ausgebildet sind und ihre Tools beherrschen. Doch sie sind leider kaum beziehungsorientiert und können nicht angemessen mit Menschen umgehen. Nicht umsonst werden deutsche Manager von ihren ausländischen Kollegen als kühl und respektlos eingeschätzt.

Warum fällt Beziehungsorientierung deutschen Managern so schwer?

Daniel F. Pinnow: Vielen Führungskräften mangelt es an der nötigen Selbsterkenntnis: Sie wissen nicht mal, was sie selbst fühlen. Wie sollen sie da auf andere eingehen können? Ich glaube darüber hinaus, dass es auch viele Hemmschwellen im Hinblick auf die Themen Kontaktfähigkeit und Wertschätzung gibt, die immer noch den Anstrich von Gefühlsduselei haben. Außerdem empfindet es mancher Manager bis heute als eine Art Statussymbol 'keine Zeit' für Beziehungsarbeit zu haben. Viele entdecken deren Wert jedenfalls erst, wenn sie die Kündigung eines wichtigen Mitarbeiters auf dem Tisch liegen haben. Führungskräften muss jedoch klar sein: Ihr bedeutendstes Kapital hat Beine, mit denen es sich davonmachen kann, wenn es demotiviert ist. Es ist Aufgabe der Führungskraft, für nichtdemotivierende Rahmenbedingungen zu sorgen, in denen sich die Mitarbeiter, die heutzutage mehr als Geld und Prestige von ihrem Job erwarten, verwirklichen können.

Hilft dabei der von Ihnen propagierte systemische Führungsansatz?

Daniel F. Pinnow: Ja, er ist aus meiner Sicht der zukunftsträchtigste. Derjenige, der systemisch denkt und handelt, hat einen weiten Blick auf die Zusammenhänge im Unternehmen, auch auf die, die zunächst mal unauffällig sind. Er weiß, wo er selbst verortet ist, weiß warum er tut, was er tut. Er ist ebenso in der Lage, zu erkennen, was seine Mitarbeiter brauchen wie er den betriebswirtschaftlichen Status quo des Unternehmens kennt.
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