Würden Sie diesem Unternehmen ohne zu zögern eine Packung Büroklammern verkaufen? Gerade einmal zwei Mio. Mark Umsatz mit 39 (!) Mitarbeitern erwirtschaftet – bei einem Verlust von rund 950.000. Mark? Gut, gegen Vorkasse. Doch damit nicht genug: Dieses Unternehmen namens „Yahoo!” geht an die Börse und wird bereits nach der ersten Kursnotiz mit knapp einer Milliarde Dollar bewertet. Was dem Laien vollkommen neue Dimensionen des Begriffs „Risikokapital” erschließt, ist auch für Insider der Börse „schlichtweg verrückt”, so Michael Murphy, Herausgeber des California Technology Stock Letter. Zumal ebenfalls jeder Insider weiß: mit „alta vista” stehen „Yahoo!” die schweren Zeiten erst noch bevor.
Der rätselnde Laie ahnt es bereits: Es geht wieder einmal ums Internet, jenes Phänomen, bei dem auch nüchtern kalkulierende Führungskräfte feuchte Hände bekommen und die Ratio Schwierigkeiten hat, Oberwasser zu behalten. Neue Worte für eine neue Welt erobern den Sprachschatz: Homepage, Links, WWW-Server oder auch HTTP. Wer die Titelstories in Spiegel und Focus verfolgt („Wie deutsche Unternehmen den Info-Highway erobern”), die Online-Euphorie auf der CeBIT erlebt und die schillernden Zukunfts-Szenarien sich dazu berufen fühlender Experten hört, ertappt sich bisweilen bei der Frage, wie es ein (Wirtschafts-)Leben vor dem Internet überhaupt geben konnte. Das „Netz der Netze” macht seinem virtuellen Anspruch alle Ehre: Es existiert zur Zeit mehr in der Phantasie und in den Köpfen von Marketingexperten, Computer-Freaks und risikofreudigen Kapitalanlegern als in der spröden technischen Realität von Glasfaserkabeln und Servern. Das gilt erst recht für die Marktchancen, die sich Unternehmen von diesem Medium versprechen. Die gegenwärtigen Investitionen sind jedenfalls beträchtlich, die prognostizierten Erträge fußen bei genauerem Blick jedoch noch auf dem „Prinzip Hoffnung”…