Ob sich das internationale Engagement eines Unternehmens auszahlt oder ob es fehlschlägt, hängt maßgeblich von der Person des entsandten Mitarbeiters, des Expatriates, ab, der beispielsweise in einem fremden Land eine neue Niederlassung gründen, einen Vertriebszweig aufbauen oder Partner für eine strategische Allianz finden soll. Kann er sich auf Land und Leute einstellen, fällt es ihm leicht, sich in der fremden Kultur zu bewegen und Kontakte zu knüpfen? Bringt er die notwendigen Kompetenzen mit? Da nach wie vor viele Auslandsentsendungen scheitern, weil sich erst im Land herausstellt, dass die Expatriates den dortigen Anforderungen nicht gewachsen sind, stehen viele Unternehmen vor der Frage, durch welche Beurteilungsmethoden eine Auslandsentsendung möglichst fundiert abgesichert werden kann.
Ob sich ein Mitarbeiter grundsätzlich für eine international ausgerichtete Tätigkeit eignet oder nicht, lässt sich gut in einem internationalen Assessment Center (AC) feststellen. Dabei werden die Kandidaten insbesondere im Hinblick auf fünf Anforderungsbereiche unter die Lupe genommen: 1. Einfühlungsvermögen, denn das braucht es, um das Handeln der Menschen in der fremden Kultur richtig zu interpretieren und die Wirkung des eigenen Verhaltens einschätzen zu können. 2. Verhaltensbandbreite, denn im Ausland kommt es darauf an, das eigene Verhalten ständig an den fremdkultuellen Kontext anzupassen. 3. Toleranz gegenüber andersartigen Werten, Normen und Verhaltensweisen, 4. persönliche Autonomie und Stabilität sowie 5. 'wahre' Mobilität, worunter die tatsächliche Bereitschaft, sich in fremde Gefielde versetzen zu lassen, zu verstehen ist.
Zur Beurteilung des Einfühlungsvermögens eines Kandidaten eignen sich besonders Rollenspiele mit Perspektivwechsel. Mit dem Kandidaten wird beispielsweise ein schwieriges Verhandlungsgespräch simuliert. Im Anschluss an die Übung befragen ihn die Beobachter des ACs dann ausführlich, wie er die Situation wahrgenommen hat. Der Schwierigkeitsgrad dieser Übung kann u.a. dadurch variiert werden, dass das Gespräch mit einem Angehörigen der fremden Kultur geführt wird. Rollenspiele – in diesem Fall mit vorbereiteten Verhaltensempfehlungen – eignen sich auch dazu, die Verhaltensbandbreite der Teilnehmer zu testen. Sie könnten z.B. dazu aufgefordert werden, eine Situation in drei verschiedenen kulturellen Kontexten durchzuspielen.
Ähnlich interaktiv – nämlich durch ein fiktives Gespräch mit einem anderen Expatriate – lassen sich auch Autonomie und Sicherheit des Kandidaten ermitteln. Im Gegensatz dazu kommt die Toleranzbereitschaft des Prüflings am ehesten in einem Gespräch über kulturelle Stereotype zum Vorschein, und in einem Interview lässt sich gewöhnlich die Frage der Mobilität eindeutig klären.
Extras:
- Ãœbersicht: Im internationalen Assessment-Center erfasste Kompetenzen.
- Info-Kasten: Tipps und Beispiele zur Durchführung internationaler Assessment-Center.
- Ãœbersicht: Zwei Typen internationaler Assessment-Center.