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Informelle Strukturen in der New Work
Informelle Strukturen in der New Work

Das Machtparadoxon

Viele moderne Ansätze zu Führung und Unternehmensstruktur setzen auf den Abbau formaler Hierarchien. Damit verringern sie aber nur einen Teil der Probleme, die aus Macht resultieren. Andere werden dadurch sogar noch größer – und zugleich unsichtbarer und damit schwieriger zu adressieren. Was hilft, um auch informelle Machtphänomene besprechbar zu machen?

Preview

Funktion des Formalen: Warum hierarchische Macht nicht ausschließlich negative Seiten hat

Autoritär, eigennützig, unbeweglich: Welche Form von Machtausübung der Hierarchieabbau eigentlich adressiert

Unsichtbar, aber wirksam: Warum Macht nicht verschwindet, wenn sie abgebaut wird

Person statt Position: Wie Macht zu einer Frage von Teamdynamiken und persönlichem Einfluss wird

Informelle Macht wahrnehmen: Welche Kompetenzen helfen, einen Hierarchieabbau ohne ausufernde Mikropolitik zu gestalten


Cover managerSeminare 299 vom 20.01.2023Hier geht es zur gesamten Ausgabe managerSeminare 299

Im Organisations- und Führungsalltag wird seit Jahren daran gearbeitet, formalistische Strukturen aufzubrechen und starre Hierarchien abzubauen. Getrieben vom Wunsch, die oft dysfunktionale Bündelung von Macht in den Händen weniger zu überwinden, versuchen sich Unternehmen darin, Prozesse agil zu gestalten und die Mitarbeitenden bei Entscheidungen miteinzubeziehen. In der Praxis stellt sich häufig Ernüchterung ein. Hat die Enthierarchisierung Hoffnungen auf fachlich fundiertere Entscheidungen, schlankere Prozesse und schnellere Anpassung an volatile Umweltanforderungen geweckt, ist das Ergebnis eine paradoxe Situation. In der gibt es zwar offiziell keine einseitigen Machtakkumulationen mehr, und alle Mitarbeitenden sind prinzipiell mündig und dazu in der Lage, Entscheidungen „von unten“ zu treffen. Was aber tatsächlich passiert, hat mit transparenten und sachlichen Entscheidungsprozessen ohne Machtspiele wenig zu tun.

Beispielhaft lässt sich das an einem Kundenunternehmen aus der Pharma-Branche zeigen, in dem eine neue Einheit mit flachen Strukturen geschaffen wurde, weil dies als geeigneter Ansatz erschien, um mehr innovative Lösungen zu generieren. Das Team sollte sich dabei auf inhaltlich unbekanntem Terrain bewegen, weswegen es auf viele Fragen keine klar „richtige“ Antwort gab. Da es keine hierarchisch legitimierte Entscheidungsmacht mehr gab, trafen im Team die konkurrierenden Ansichten und Vorgehensweisen ungefiltert aufeinander, Idee stand gegen Idee, Meinung gegen Meinung. Die Folge: Lange Diskussion, Gruppenbildung und Beschlüsse, die nur von einem Teil des Teams getragen und von dem anderen als Niederlage empfunden wurden. Der angestrebten Agilität laufen solche Abläufe entgegen.

Die gute und die schlechte Seite von Macht

Wie es dazu kommt, dass der Traum von posthierarchischen Arbeitsstrukturen sich in einen Albtraum verwandelt, und warum das gar nicht so selten ist, erklärt sich mit einem genaueren Blick darauf, was Macht eigentlich ist und wie sie in Organisationen wirkt. Im Alltagsverständnis hat Macht keinen guten Ruf, da sie häufig mit autoritärem Auftreten, Machtmissbrauch und Seilschaften in Verbindung gebracht wird. Diese Erklärung greift aber zu kurz. Denn Macht findet sich in allen Beziehungen und ist integraler Bestandteil aller sozialen Systeme und damit auch von Organisationen. Ein kurzer Exkurs in die Systemtheorie liefert einen noch differenzierteren Blick: Nach Niklas Luhmann ist Macht ein Kommunikationsmedium, das direkt auf das Handeln abzielt und es damit ermöglicht, Entscheidungen zu treffen, Prozesse zu beschleunigen, Einfluss geltend zu machen und andere dazu zu bringen, tätig zu werden. Anders gesagt: Sie ist eine Einflussstrategie, um Entscheidungen voranzutreiben. Und sinnvolle Entscheidungen zu treffen, ist eine zentrale Erfolgsstrategie in Organisationen.

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