Die Bundesbürger sind im internationalen Vergleich zwar gut ausgebildet. Um die Förderung des Nachwuchses und der Nutzung des Wissens ist es hierzulande aber eher schlecht bestellt. Dieses Zeugnis hat das Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln, dem Standort Deutschland ausgestellt. Die Wirtschaftsforscher weisen in ihrem Humankapitalindikator Deutschland daher einen Platz im hinteren Mittelfeld zu: Ein Wert von 50 auf der von 0 bis 100 normierten Skala bedeutet unter 26 Industrienationen nur Platz 17.
Die Länder konnten in drei Breichen Punkte sammeln. Am besten schnitt Deutschland noch beim Kriterium 'Status quo' ab (Platz 3), in dem im Wesentlichen die formalen Bildungsabschlüsse bewertet wurden. 'In Deutschland verfügen lediglich 16 Prozent der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter nicht über eine Qualifikation der Sekundarstufe zwei - haben also weder Abitur oder Fachhochschulreife noch einen beruflichen Abschluss', erklärt Projektleiterin Dr. Christina Anger dieses Teilergebnis.
Deutlich schlechter ist es in Deutschland um die 'Aktualisierung des Bildungskapitals' - den zweiten Untersuchungsbereich - bestellt. In puncto Auffrischung und Erneuerung seines Wissenskapitals kommt Deutschland nur auf den 22. Platz. 'Die unbefriedigenden PISA-Ergebnisse sind wohl der bekannteste Beleg, dass Deutschland in diesem Bereich hinterherhinkt', erläutert Anger. Eine deutliche Sprache spricht auch die Tatsache, dass die 25- bis 34-Jährigen hierzulande prozentual nicht mehr Akademiker in ihren Reihen zählen als die 55- bis 64-Jährigen. Zum Vergleich: In Frankreich und Irland ist der Anteil bei den Jüngeren mit Uni- oder Fachhochschulabschluss 24 Prozentpunkte höher als bei den Älteren. Anger: 'Diese Länder sind auf die steigende Nachfrage nach ‚Wissensarbeitern’ vorbereitet. In Deutschland herrscht bereits jetzt Fachkräftemangel.'
Nur Polen und die Slowakei sind schlechter
Besonders schlecht steht Deutschland in puncto Nutzung des Bildungskapitals da - drittletzter Platz im Ländervergleich. Nur in der Slowakei und in Polen liegt mehr Wissen brach. Negativ zu Buche schlägt vor allem die mit 1.435 Stunden recht geringe jährliche Arbeitszeit - in Australien und den USA etwa arbeiten die Menschen im Schnitt mehr als 1.800 Stunden pro Jahr. Außerdem wird das Potenzial älterer Arbeitnehmer laut der Forscher in Deutschland zu wenig genutzt - im Jahr 2005 waren nur 46 Prozent der 55- bis 64-Jährigen erwerbstätig, in Schweden dagegen 70 und in Island sogar 85 Prozent. 'Mit der Einführung der Rente mit 67 ist aber bereits ein richtiger Schritt in Richtung einer längeren Nutzung wertvollen Wissens getan worden', unterstreicht Christina Anger.
Insgesamt am besten abgeschnitten hat Japan mit 72 Punkten. Als Bildungshochburgen haben sich auch Australien, die Schweiz und Großbritannien mit deutlich über 60 Punkten erwiesen. Besonders mau sieht es in Ungarn, Italien und der Türkei aus.