An einer jungen, aufstrebenden Universität in Deutschland ist eine Juristenstelle zu besetzen. Die Person soll die Hochschule in Rechtsfällen vertreten. Der Dekan wirft einen Blick auf die Bewerbungen und sortiert aus: 'Hier wird der ganze Mann gefordert!” Der Stapel mit den 'unmännlichen” Bewerbungen wächst, ein zweiter Blick wäre reine Zeitverschwendung. Der Job ist nunmal zu hart und zu stressig für: Frauen.
Keine Szene aus vergangenen Tagen, sondern ein ganz normaler Tag im April 1994 und auch kein branchenbezogenes Trauerspiel. Stellen werden geschlechterunabhängig ausgeschrieben, Chancengleichheit auf dem Papier demonstriert. Alle freuen sich, wenn dann Untersuchungen, die auf diesen Stellenanzeigen basieren, belegen, daß nun endlich auch die Frauen besser zum Zuge kommen. Quantitativ vielleicht, aber qualitativ sicher nicht. Ob in der freien Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst, überall zeigt sich das gleiche Bild: Je höher und verantwortungsvoller die Positionen sind, desto dünner wird die Luft für das 'schwache Geschlecht”. Untersuchungen des Statistischen Bundesamtes sprechen für sich: 1992 gab es im alten Bundesgebiet 12,2 Millionen erwerbstätige Frauen. Während Berufe wie SprechstundenhelferIn, KindergärtnerIn, OberbekleidungsnäherIn und sonstige hauswirtschaftliche Berufe mit über 95 Prozent fast vollständig in weiblicher Hand lagen, lag der Anteil von Frauen in Führungspositionen in keinem Bereich über ein Prozent. Im westlichen Bundesgebiet waren 1992 nur 0,6 Prozent Frauen und 2,4 Prozent Männer als DirektorIn, Amts-, BetriebsleiterIn beschäftigt und 0,9 Prozent Frauen gegenüber 3,5 Prozent Männern als AbteilungsleiterIn oder ProkuristIn angestellt. In den neuen Bundesländern sah es nicht besser aus. Zumindest aus der Not heraus dürfte sich jedoch in den nächsten Jahren etwas ändern.