Wir sind es gewohnt, mit Geld umzugehen. Aber wissen wir, was wir tun? Oder womit wir es zu tun haben? Schon Karl Marx wunderte sich, dass man überhaupt mit Geld umgehen kann, ohne zu wissen, was genau das eigentlich ist. Bis heute ist das Wesen des Geldes eines der großen Rätsel der Wirtschaftswissenschaft. Georg Simmel, der erste Soziologe, hat 1900 eine Philosophie des Geldes geschrieben, die zweierlei klären will: warum etwas, das keinen eigenen Wert hat, trotzdem die Welt bewegt. Und warum die Wirtschaftstheorie nicht ausreicht, um die Art und Weise zu erklären, in der das gesellschaftliche Leben vom Geld regiert wird. Simmels Überlegungen sind bis heute aktuell, weil sie zeigen, wie weitreichend sein Einfluss auf unser Denken und Handeln ist – und wo es seine Grenzen hat.
Warum interessiert uns Geld überhaupt? Diese Frage, die sich Simmel gestellt hat, ist keineswegs banal, vom Geld allein kann schließlich niemand leben. Geld ist kein Gut, keine Ware, es besitzt keinen Eigenwert. Das ist ein Unterschied zu früheren Zeiten. Als Münze war das Geld durch sein Material taxiert, der Geldwert entsprach dem des Edelmetalls. Im Papiergeld entkoppeln sich Materie und Form, Geld wird abstrakt.
Wenn Menschen miteinander Geschäfte machen, tauschen sie nun Güter gegen Geld ohne eigenen Materialwert. Genau genommen spricht man dabei nicht von einem Tausch, sondern von einer Transaktion. Denn der, der Geld erhält, hat kein Gut in der Hand, nur Liquidität. Er muss, um selber Güter zu bekommen, das Geld verausgaben: Er muss kaufen, und damit eine nächste Transaktion eingehen. Erst über zwei Transaktionen würden Güter gegen Güter „ausgetauscht“. Und erst dadurch erhält das Geld seinen Wert: dass der, der es erhält, dafür andere Güter kaufen kann. Geld ist verschobene Nachfrage, verschobene Transaktion.
Extras:- Infokasten: Georg Simmel – Leben und Werk
- Literaturtipps: Hinweise auf drei Bücher über bzw. von Georg Simmel