Verteidigungsminister Thomas de Maizière machte sich keine Freunde, als er im Februar 2013 der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in einem Interview sagte, die Soldaten der Bundeswehr sollten endlich aufhören, sich dauernd über mangelnden Respekt zu beschweren. Die Truppen treibe eine 'Gier nach Anerkennung' um und der 'verständliche, aber oft übertriebene Wunsch nach Wertschätzung', sie seien 'geradezu süchtig' danach, psychologisierte der Minister. Rums, das saß. Aber anders, als de Maizière sich das gedacht hatte.
Prompt schlug dem Politiker eine Welle der Empörung entgegen. Denn seine Standpauke wurde nicht etwa als heilsamer Denkanstoß verstanden, sondern als - neuerliche -Respektlosigkeit. Was auch immer hinter der Kritik steckte, verstanden wurde sie so: de Maizière hat die Sorgen und Nöte seiner Untergebenen einfach so, ohne viel Federlesens, vom Tisch gewischt. 'So etwas finden Menschen fast immer respektlos', weiß der Trainer und Coach René Borbonus.
Der Weiterbildner mit Firmensitz in Ruppach-Goldhausen hat ein Buch über Respekt geschrieben, hält Vorträge über das Thema – und liegt damit voll im Trend. Denn Respekt ist in Mode. Und das nicht nur bei Menschen, die sagen: 'Ich habe Respekt vor dem großen Nachbarshund', weil das cooler klingt, als einzugestehen, eine Riesenangst vor dem Vieh zu haben.
Dabei haftete dem Wort Respekt mal der Staub aus Zeiten an, als Lehrer noch mit dem Rohrstock drohten und Katzbuckeln vor Konsuln und Kommerzialräten angesagt war. 'Wenn damals von Respekt die Rede war, waren allerdings meist Gehorsam und Unterordnung gemeint', sagt Borbonus. In seiner modernen Renaissance dagegen erlebt der Begriff eine Rückkehr zu seinen antiken Wurzeln. Respekt kommt vom Lateinischen respicere. Das heißt: zurückblicken, Rücksicht nehmen, berücksichtigen.
Extras:- 'Respekt ist kein Selbstläufer': Personalleiter Andreas Grieger, Sick AG, im Interview
- Von Selbstwertschätzung bis Kommunikation: Sechs Regeln für Respekt
- Literaturtipps: Kurzrezensionen von vier Büchern über Respekt