Ist Teletutoring ein neues Berufsbild? Was macht ein Teletutor eigentlich genau? Und was muss er können? Diese Fragen diskutierten Aus- und Weiterbildner am 30. Oktober 2001 beim 'Fachgespräch Teletutoring' in Bonn. Frank Busch schildert, welche Erkenntnisse die vom Bundesinstitut für Berufsbildung initiierte Veranstaltung mit sich brachte.
Die Kompetenzen für das Teletutoring lassen sich zwar an einer Hand abzählen, doch sie haben es in sich. Das zeigte das Impulsreferat von Christina Rautenstrauch. Die Autorin des Buches 'Tele-Tutoren' (Bertelsmann-Verlag, ISBN: 3-7639-0151-5) beleuchtete zum Auftakt des vom Bonner Bildungsinstitut für Berufsbildung (BIBB) veranstalteten 'Fachgespräch Teletutoring' die fünf Basisqualifikationen, die beim Teletutoring gefragt sind. Dazu gehören:
Kenntnisse über selbstgesteuertes Lernen,
Medienkompetenz,
Kommunikationskompetenz im Netz,
Kenntnisse über Telelernen in Gruppen und Moderation
sowie Kenntnisse über die Didaktik des Telelernens.
Diese Qualifikationen müssen allerdings nicht in einer einzigen Person vereinigt sein, zumindest nicht alle in gleichem Maße, so meinten die 24 Teilnehmer der Veranstaltung in der folgenden Kurzdiskussion. Denn je nach Tätigkeit und Rolle, die ein Trainer innerhalb des Teletutoring einnimmt, ändert sich auch das benötigte Qualifikationsprofil, hoben die aus allen Ecken Deutschlands angereisten Trainer, Bildungsverantwortlichen und Professoren hervor. Dies gelte umso mehr, als der Job des Teletutors oft mit anderen Tätigkeiten kombiniert, werde. 'Der Trend geht eindeutig in die Richtung, Onlinelernen mit Präsenzlernen zu verbinden', gab Dr. Silvia Kneer von Siemens Qualifizierung und Training, München, zu bedenken. Den 'Tausendsassa', der alles gleichermaßen gut kann, gibt es da nur selten.
Auch ein 'Happy Birthday' kann motivieren
In zwei Arbeitsgruppen erforschten die Teilnehmer dann Teilaspekte der Tätigkeit von Teletutoren. Im ersten Workshop ging es um die Frage: 'Wie motiviert ein Teletutor zu selbstgesteuertem Lernen?' Entscheidend in virtuellen Lernsituationen ist, dass der Teletutor Persönlichkeit zeigt, um die Anonymität zu reduzieren. Schon beim Kennenlernen entscheidet sich, ob sich ein Gruppengefühl entwickeln kann. Am besten ist es, wenn der erste, nähere Kontakt in einer Präsenz-Veranstaltung erfolgt, bei der sich Teletutor und Teilnehmer gegenseitig beschnuppern können. Anderenfalls dürfte es schwer fallen, eine tragfähige Basis für das selbstgesteuerte Lernen zu finden.
In der virtuellen Lernumgebung spielen dann Fotos, Videos und Privates eine große Rolle. Auch muss der Teletutor individuell auf seine Teilnehmer reagieren: Ganz persönliche Botschaften sind der Schlüssel zu einer belastbaren Beziehung. 'Ich habe auch schon ,Happy Birthday‘ gesungen und per Voice-Mail verschickt', so Beate Haussmann vom Gremmeliner Unternehmen ed-lab.
Wer macht was beim e-Learning?
Die zweite Arbeitsgruppe stand unter der Überschrift 'Aufgaben des Bildungspersonals'. Die Teilnehmer bemühten sich zunächst, Ordnung in das Begriffswirrwarr zu bringen. Denn neben der Bezeichnung 'Teletutor' geistern durch die Diskussion auch der 'Telecoach', der 'Teledozent', der 'Teletrainer', der 'Telemanager' und noch einige weitere. Die Analyse der Gruppe ergab: Die Unterschiede zwischen den Begriffen sind nicht immer inhaltlich begründet, sondern dienen oft dem Marketing der Firmen, die sich auf dem Gebiet der Ausbildung von Teletutoren tummeln.
Insgesamt identifizierten die Teilnehmer aber vier wesentliche 'Hauptrollen', die sich aus den verschiedenen Handlungsfeldern des e-Learning ergeben:
1. Der Teledozent oder Teletutor hat im wesentlichen betreuende Funktion.
2. Der Telecoach konzipiert zusätzlich Maßnahmen.
3. Der Kursentwickler stellt die Lerneinheiten zu Reihen zusammen und entwirft Lernmaterialien dazu.
4. Der Bildungsplaner erhebt den Bedarf und bettet die Bildungsmaßnahme in die Organisation ein.
Abhängig von den Lernszenarien sind daneben viele verschiedene Rollenkombinationen denkbar.
In der Diskussion: Zertifizierung von Teletrainern
Im Plenum ging es anschließend um die Frage, ob eine Standardisierung oder Zertifizierung bei der Aus- und Weiterbildung von Teletutoren erforderlich ist. Für eine Standardisierung spricht, dass hierdurch Transparenz im unübersichtlichen Aus- und Weiterbildungsmarkt geschaffen werden kann, meinte die Mehrzahl der Teilnehmer. Nachfragende hätten mit den Standards einen Anhaltspunkt für die Qualität einer Teletutor-Ausbildung und der Kompetenz eines Trainers, so ihre Überzeugung. 'Die Unternehmen sind verunsichert und suchen Orientierung', berichtete Beate Haussmann von ihren Gesprächen mit Kunden. Die Trainerin bei ed-lab ist sich sicher: 'Uns würde eine Zertifizierung helfen.'
Erste Zertifizierungen laufen auch schon: So zertifiziert z.B. die Universität Paderborn zusammen mit Handel (DIHK), Handwerk (ZWH) und Q-Verband Unternehmen, die zum 'TeleCoach der deutschen Wirtschaft' ausbilden wollen. Eine weiteres Zertifizierung-Projekt wird in der Versicherungsbranche realisiert.
Warnung vor Regeln, die morgen veraltet sind
Aber nicht alle Teilnehmer waren von den Vorteilen einer Standardisierung und Zertifizierung überzeugt. Die Lernszenarien seien zu vielfältig, es sei daher schwierig, Eckpunkte für Ausbildung und Qualifikationsprofil festzulegen. 'Was tun wir mit dem Menschen, der in einer Learning-Community nur ab und zu mal einen Chat moderiert?', fragte eine Teilnehmerin. Brauche auch er ein Gütesiegel? Und Dr. Christel Keller vom bfz in Nürnberg warnte, Lernszenarien in Standards zu pressen, die übermorgen bereits überholt sind.
Einige Teilnehmer berichteten in diesem Zusammenhang von Erfahrungen mit der Zertifizierung durch die Zentralstelle für Fernunterricht (ZfU). Hier führe das lange und umständliche Verfahren dazu, dass die Anbieter teilweise mit schon veralteten Konzepten am Markt auftreten müssten. Vor einer Übertragung dieser Vorgehensweise auf das Wirkungsfeld der Teletutoren könne nur abgeraten werden.
Michael Härtl, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim BIBB, möchte Zertifizierungen daher auch eher als Empfehlungen verstanden wissen, denn als rigide Standards. Ob als lose Richtschnur oder als fester Rahmen: Wenn in Deutschland Standards entwickelt werden, so betonte Georg Hanf vom BIBB, dann müsse dies immer auch mit Blick auf den europäischen Kontext und etwaige internationale Empfehlungen geschehen. So wurde deutlich: Zertifizierungen und Standards sind ein in jeder Hinsicht weites Diskussionsfeld.