Deutschlands Weiterbildner kennen kein Fernweh. Das Auslandsgeschäft mit der Bildung findet ohne sie statt. Doch es gibt Ausnahmen. Drei Pioniere des Weiterbildungsexports hat die Förderinitiative iMOVE kürzlich in Berlin mit ihrem neuen Weiterbildungs-Exportpreis bedacht. Die Beispiele zeigen: Es gibt keinen Königsweg des Bildungsexports, aber viele Erfolg versprechende Pfade.
In falscher Bescheidenheit übte sich Andreas Storm - Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) - bei der Feier zum fünfjährigen Bestehen der Initiative iMOVE (International Marketing of Vocational Education) und der Verleihung des ersten deutschen Weiterbildungs-Exportpreises durch iMOVE am 15. November 2006 in Berlin nicht gerade: 'Die berufliche Aus- und Weiterbildung aus Deutschland genießt weltweit einen exzellenten Ruf. Training Made in Germany ist ein Qualitätssiegel wie Produkte Made in Germany', betonte Storm in seiner Festrede. Anders als der Politiker scheinen indes die meisten deutschen Aus- und Weiterbildner immer noch zu bezweifeln, dass man sie in fernen Landen sehnsüchtig erwartet. Mit dem deutschen Bildungsexport ist es bislang nicht weit her. Doch immerhin acht jenseits der deutschen Grenzen tätige Organisationen haben sich um den neu kreierten Weiterbildungs-Exportpreis beworben. Und von diesen Pionieren erschienen der sechsköpfigen iMOVE-Jury drei so interessant - allerdings auch so unterschiedlich in ihrer Zugangsweise zu ausländischen Märkten -, dass sie gleich alle drei mit der neuen Auszeichnung bedachte. Auf die Festlegung eines ersten, zweiten und dritten Platzes verzichtete man dagegen getreu dem Motto: Viele Wege führen zum Ziel.
Die Step-by-step-Strategie: Auslands-aktivitäten langsam intensivieren
Einer der drei Gewinner ist die Paderborner Stiftung Bildung & Handwerk (SBH) - eine Art Holding, zu der 16 selbstständige Bildungseinrichtungen (100-prozentige Töchter) im In- und Ausland zählen, darunter auch das Institut für Betriebsorganisation und Informationstechnik (InBIT), Paderborn. Das InBIT hat bereits Anfang der 90er Jahre im Zuge einer Sprachschulkooperation eine Niederlassung im polnischen Stettin gegründet. Später sind - als Reaktion auf den Bedarf der polnischen Arbeitsmarktpolitik und der regionalen Wirtschaft - Angebote der beruflichen Erstausbildung und Weiterbildung hinzugekommen, eine Fachhochschule sowie eine allgemeinbildende Schule, in der vorwiegend die Kinder des in Stettin stationierten Nato-Korps mehrsprachig unterrichtet werden.
'Diese Step-by-step-Vorgehensweise hat zum Erfolg von InBIT in Polen beigetragen', urteilt SBH-Vorstand Peter Gödde rückblickend. Weitere Erfolgsfaktoren: Die Einbindung von für den polnischen Markt innovativen Inhalten in die Fach- und Führungskräfte-Kurse, die geschäftliche Unabhängigkeit (Gründung von Niederlassungen) bei gleichzeitig starken Netzwerkaktivitäten, sein genauer Blick auf die Bedürfnisse des polnischen Marktes sowie der konsequente Einsatz einheimischer Mitarbeiter, die mit Sprache und Kultur vor Ort vertraut sind. Die personelle Ausstattung ist beim Auslandsengagement indes oft ein Problem - gerade auch, was den Einsatz von Know-how-Übermittlern aus der Heimat angeht: 'Insbesondere unter Nicht-Akademikern finden wir nur schwer Menschen, die bereit sind, sich über einen längeren Zeitraum auf ein Engagement im Ausland einzulassen, was ja auch bedeutet, sich auf eine andere Kultur einzustellen', weiß Gödde.
Die 100-Prozent-Strategie: Konzentration auf einen Auslandsmarkt
Im Hinblick auf die Schwierigkeit, mit einer anderen Kultur warm zu werden, erscheint es sinnig, dass sich ein weiterer Preisträger, die iVWA, die Internationale Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie aus Braunschweig, von ihrer Gründung an dafür entschieden hat, sich ganz und gar auf das Auslandsgeschäft in China zu konzentrieren. Und zwar auf dem Weg über einheimische Kooperationspartner sowie deutsche Unternehmen vor Ort. Die Konsequenz der iVWA beeindruckte die iMOVE-Jury ebenso wie die Ergebnisse ihres Engagements: Die iVWA hat in China dreijährige Ausbildungsgänge implementiert, die den Absolventen gleich mehrere Abschlüsse einbringen: neben dem Betriebswirt iVWA auch ein chinesisches staatliches Advanced Diplom sowie eine Zertifizierung durch die Industrie- und Handelskammer bzw. die deutsche Außenhandelskammer. Ohne Schwierigkeiten vermag sich die iVWA indes nicht auf dem chinesischen Markt zu bewegen: Schon die sich ständig ändernde Rechtslage sowie die von Provinz zu Provinz unterschiedlichen rechtlichen Bedingungen erfordern ein Höchstmaß an Langmut, Ausdauer und Flexibilität.
Die visionäre Strategie: Bildungsmanagement in China
Ganz ähnlich sind die Erfahrungen von Preisträger Nummer drei, der Gesellschaft für Projektierungs- und Dienstleistungs-management (gpdm), die ebenfalls in China tätig ist. Allerdings nicht als Bildungsdienstleister, sondern vielmehr als Bildungsmanager. Die gpdm nämlich hat - nach deutschem Vorbild - in China ein neues Unternehmensnetzwerk ins Leben gerufen, das sie seither in seinen Aktivitäten unterstützt. Unter dem Kürzel BANG (Berufliches AusbildungsNetzwerk im gewerblichen Bereich) schließen sich unter Ägide der gpdm kleine und mittelständische Betriebe zusammen, um ihren Facharbeiternachwuchs gemeinsam im Verbund so professionell zu schulen wie es sonst nur großen Betrieben möglich ist, nämlich mittels betrieblicher Ausbildung und Berufsschule, ergänzt um eine 'Bildungsfabrik', eine externe Ausbildungswerkstatt, die mit Betrieben und Berufsschulen verzahnt ist. 'Geht es in Deutschland darum, kleinen und mittelgroßen Betrieben auf diese Art zu einem kostengünstigen Ausbildungsmodell zu verhelfen, so lautet in China das Ziel, überhaupt erst mal eine Möglichkeit zu schaffen, qualifizierten Nachwuchs auszubilden', erklärt Unternehmensleiter Markus Kamann.
Was die gpdm - in China vertreten durch ein Repräsentationsbüro - dabei leistet, ist unter anderem die Ausbildung der chinesischen Trainer, das Training der Schulleiter, die Bereitstellung deutscher Zertifizierungsangebote sowie eine permanente Betreuung der Beteiligten. Das Vorgehen der Gesellschaft wertete die Jury als weiteres Beispiel für die Vielfalt der Möglichkeiten, die sich im Ausland auftun - wenn ein Unternehmen nur visionäre, kreative Ideen hat.