Schneller, schneller, schneller - das scheint das Gebot der Stunde in den Unternehmen zu sein, die ihre Leistungen in einer beschleunigten Welt verkaufen müssen. Nach dem Motto 'Die Konkurrenz schläft auch nicht' hetzen sich die Firmen bei der Entwicklung neuer Produkte. Daß dieser Tempowahn Opfer fordert, liegt auf der Hand. Spektakuläres Beispiel dafür ist die A-Klasse von Daimler-Benz: Der Zeitdruck, der auf den Ingenieuren lastete, rächte sich: Beim Elchtest kippte der Baby-Benz um. Die Nachrüstung verursachte Kosten in Millionenhöhe.
Dabei ist die Sehnsucht nach einem Weg aus dem Tempo-Streß groß. So ließen sich Hunderttausende durch die Geschicke des Romanhelden John Franklin aus dem Bestseller 'Die Entdeckung der Langsamkeit' bewegen. Franklin ist ein Schiffskapitän, der schwierige Situationen meistert, indem er sich durch nichts aus der Ruhe bringen läßt. Im größten Durcheinander setzt er sich erst einmal hin, um über eine vernünftige Lösung nachzudenken.
Und tatsächlich gibt es Unternehmen, die entschleunigen und auf die neue Beschaulichkeit setzen. Montblanc zum Beispiel: 'Man muß sich Zeit für das Besondere nehmen. Die Produkte von Montblanc veranlassen den Besitzer, wertvolle Zeit zu bewahren und einen Ausgleich zur Schnellebigkeit zu finden', erklärt Norbert A. Platt, Vorsitzender der Geschäftsführung von Montblanc International, Hamburg. Diese Philosophie der Langsamkeit gilt auch für Montblancs Mitarbeiter. So dürfen die Federschleiferinnen so oft und so lange Pause machen wie sie möchten. Eine zu hohe Ausschußrate aufgrund nachlassender Konzentration käme das Unternehmen schließlich teurer als ein paar Pausen während der Arbeitszeit.
Weiterer bekannter Vertreter der Geschwindigkeits-Verweigerer: der Kleidungshersteller Land's End. Das Unternehmen hat sich auf zeitlose Kleidung spezialisiert. Alle Modelle sind jahrelang in gleicher Ausführung im Angebot. Dafür wird unübertroffene Qualität geboten - die Einkäufer sind nicht schnelligkeits-, sondern detailversessen.
Obwohl Land's End und Montblanc Ausnahmefälle unter den Unternehmen sind, zeigen sie eine Richtung für Erfolg. So kommen viele Markenartikler mit einer unendlichen Folge neuer Produkte auf den Markt, aber in den meisten Fällen ohne den erhofften Erfolg. Die Verbraucher sind überfordert, die Regale im Handel überfüllt.'Es gibt zu viele Produktvarianten', kritisiert Christian Homburg, Professor für Betriebswirtschaft an der Universität Mannheim. Er fragte bei 139 Firmen nach, das Ergebnis seiner Untersuchung: Die Beschleunigungskräfte wirken negativ. Die Kosten von schnell herausgebrachten Produktvarianten werden meist unterschätzt.