Der Markt fordert es, und für die Learntec, Deutschlands älteste Kongressmesse zum Thema e-Learning, gilt es, darauf zu reagieren: e-Learning muss aus seiner Nische herausgeholt und stärker in Personalentwicklungsprozesse eingebunden werden. Über entsprechende Auswirkungen auf das Profil der Learntec sprach managerSeminare e-Le@rning mit Prof. Dr. Winfried Sommer, der gemeinsam mit Prof. Dr. Uwe Beck wissenschaftlicher Leiter und Konzeptionist der Learntec ist.
Auf der Learntec 2005 sollen verstärkt auch übergreifende Aspekte der Personalentwicklung und Weiterbildung aufgegriffen werden. Ist dies im Sinne einer Neuausrichtung der Veranstaltung zu verstehen?
Prof. Dr. Winfried Sommer: Das kann man so nicht sagen. Die Learntec ist Spezialist für das Thema e-Learning und wird dies auch bleiben. Der Besucher erfährt hier, welche e-Learning-Technologien es gibt, wie diese Technologien genutzt werden können und welche humanorientierten didaktischen Prozesse zwischen der Technik und ihren Anwendungen vermitteln. Entsprechend gibt es die Einteilung der Sektionen in Business Integration, Technik und Didaktik. Aber genauso wie auf jeder Personalmesse irgendwo das Thema e-Learning eine Rolle spielt, kann die Learntec vor dem Thema Personalmanagement und -entwicklung nicht die Augen verschließen. Zudem sind wir gefordert, auf die Kompetenzen einzugehen, die die rund 300 Aussteller der Learntec mitbringen. Bisher haben sich die Aussteller dadurch ausgezeichnet, dass sie sich als e-Learning-Spezialisten im engsten Sinne verstehen. Inzwischen erschließen sie um dieses Feld herum aber auch andere Themen. Ein Beispiel: Auf der vergangenen Learntec hat Joachim Hasebrook, damals noch Vorstandsmitglied von efiport, das Thema 'Intellectual Capital Bewertung' angestoßen, welches wir in 2005 erneut aufgreifen werden. Im Prinzip handelt es sich um ein betriebswirtschaftliches Thema, das der Frage nachgeht, wie die Qualität der Mitarbeiter in Unternehmensbilanzen einfließt. Mit e-Learning hat das zunächst nichts zu tun. Aber im Rahmen der Fragen, wie das Intellectual Capital zu ermitteln und zu bewerten ist, kommen die Kompetenzen der e-Learning-Anbieter ins Spiel.
Wo wird sich die Learntec also hinentwickeln?
Sommer: Mit Blick auf die Aussteller werden wir die Learntec so entwickeln, dass wir die Kompetenzen der e-Learning-Anbieter an den Rändern ihrer Dienstleistungen in unser Programm integrieren. Das ist unsere derzeitige Strategie.
Ist das nicht auch als Reaktion auf kritische Stimmen zu verstehen, die in der Vergangenheit beklagten, dass e-Learning zunehmend in eine Nische gedrängt wird?
Sommer: Ich würde unsere Vorhaben eher als natürliche Fortentwicklung der Learntec bezeichnen. Wir haben die Veranstaltung im Laufe ihres zwölfjährigen Bestehens sowohl inhaltlich als auch strukturell permanent weiterentwickelt. So versuchen wir natürlich auch, auf Veränderungen innerhalb der Branche zu reagieren und den Ansprüchen unserer Teilnehmer gerecht zu werden. Inzwischen ist klar geworden: Kein Unternehmen betreibt e-Learning um des e-Learning Willens. Vielmehr müssen immer auch die Effekte und die Ziele bedacht werden, die mit dem Lernen verknüpft sind. Im Gegensatz zu noch vor zehn Jahren, als das Lernen mit den neuen Medien gerade im Aufbruch begriffen war, herrscht heute eine pragmatische Sichtweise vor. So geht es hauptsächlich um die Frage, wie das Lernen in die Geschäftsprozesse integriert werden bzw. wie Geschäftsprozesse durch Lernen unterstützt werden und am Leben erhalten bleiben können.
Hat sich an der Strukturierung der Learntec etwas geändert?
Sommer: An der Aufteilung in Sektionen, Foren und Workshops hat sich nichts geändert. Allerdings haben wir uns im nächsten Jahr für Halbtagessektionen und halbtägige Foren entschieden: Von wenigen Ausnahmen abgesehen, werden alle Programmthemen in Form eines Halbtagesseminars aufgegriffen. Das ist interessant für die Besucher, da Halbtageskarten zu entsprechend günstigen Preisen angeboten werden, in denen auch der Messebesuch für den betreffenden Tag enhalten ist. Durch die halbtägigen Veranstaltungsstränge wird es übrigens insgesamt ein breiteres Themenangebot geben als in den Jahren zuvor.
Die Learntec ist inzwischen längst nicht mehr die einzige Veranstaltung zum Thema e-Learning. Wie sehen sie ihre Positionierung auf dem Markt angesichts der vielen neuen Kongresse auf dem Markt?
Die Learntec zeichnet sich durch ihre Messe aus, die von ihrer Größe und ihrem Anspruch sicherlich die größte ihrer Art im deutschsprachigen Raum, wenn nicht in ganz Europa, ist. Unser Vorteil ist darüber hinaus, dass wir messemäßig weiter expandieren können, da wir hier in Karlsruhe auf das neue Messezentrum zurückgreifen können. Von ihrem Profil unterscheidet sich die Learntec also ganz klar von anderen größeren e-Learning-Veranstaltungen wie der Online-Educa oder dem Fernlehrkongress der Bundeswehr, der in diesem Jahr zum ersten Mal in Hamburg stattgefunden hat. Diese beiden Veranstaltungen haben ihren Schwerpunkt auf den Kongress gelegt, und - soweit ich das aus den Gesprächen mit den Veranstaltern entnehmen kann - ist da auch nichts anderes geplant und auch gar nicht möglich.