Man muss früh ausstehen, wenn man Christiane Rickert beim Joggen sehen will. 'Ich laufe um fünf Uhr morgens an die Iller, sonst habe ich dafür keine Zeit,' sagt die Pharmareferentin. Keine Zeit, nachts acht Stunden zu schlafen hat ein PR-Chef, der zudem regelmäßig und überall zu spät kommt. Ein anderer Teilnehmer am Seminar für Selbst- und Zeitmanagement möchte mehr Muße für seine Kinder haben und trotzdem auch Zeit für Sport und 'einfach nur ausruhen'. Und der EDV-Spezialist traut sich kaum noch über den Gang in seiner Firma zu gehen: 'Da kommen mir sofort fünf Leute entgegen, die ein akutes Problem haben.' Was er tun würde, wenn man ihm täglich eine Stunde Zeit schenken würde? 'Ich würde Moped fahren,' sagt der Westfale verträumt und hat dabei seine 750er Suzuki vor Augen.
Die Teilnehmer im Parkhotel Schmid in Adelsried bei Augsburg haben sich Zeit genommen, die sie eigentlich nicht haben, um vielleicht diese eine Stunde durch besseres Zeitmanagement zu gewinnen. Schon in der Vorstellungsrunde wird deutlich, dass das Seminar auch den Charakter einer Selbsthilfegruppe hat. Die 'anonymen Zeitchaoten', wie man sie nennen könnte, fühlen sich endlich verstanden und bestätigt in ihrem täglichen Scheitern im Kampf gegen Zettelwirtschaft, Aktenberge und um die unwiederbringlich dahinrinnen den Minuten. Alle sind denn auch begeistert von einem vom Trainer mitgebrachten Symbol: Eine Art Sanduhr, in der statt Sand eine blaue Flüssigkeit nicht nach unten läuft, sondern nach oben steigt, so als gewinne man Zeit.
Was kann man in zwei Tagen Zeit- und Selbstmanagement lernen? Thomas Nierth von Neuland und Partner ging das Ganze sehr strukturiert und formalisiert an, um möglichst viele Methoden und Ansätze vorstellen zu können. Und machte weitgehend gelungenes Zeitmanagement vor - ein nicht zu unterschätzendes Element des Seminars.