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Daniela Holzer über 25 Jahre Weiterbildungsforschung in Graz

'Weiterbildung passt Menschen oft nur an'

Im November 2009 feierte der Arbeitsbereich Weiterbildung des Instituts für Erziehungs- und Bildungswissenschaft an der Universität Graz unter der Leitung von Professor Dr. Werner Lenz sein 25-jähriges Jubiläum. Anlass für managerSeminare, bei Weiterbildungsforscherin Dr. Daniela Holzer nachzufragen, was aus wissenschaftlicher Sicht die wichtigsten Entwicklungen der vergangenen 25 Jahre waren.
 
Frau Dr. Holzer, 1984 wurde der Arbeitsbereich Weiterbildung – damals noch 'Abteilung für Erwachsenenbildung' – an der Uni Graz gegründet. Das Institut ist stolz auf seinen kritischen Blick auf das Weiterbildungsgeschehen. Was offenbart dieser kritische Blick, wenn Sie auf die Entwicklung in den vergangenen 25 Jahren schauen?

Dr. Daniela Holzer: Eine Zunahme an Angeboten, an Teilnehmenden, an Themen ist zu erkennen. Bildungspolitisch, sowohl national als auch in der EU, wird der Erwachsenenbildung mehr Aufmerksamkeit geschenkt, insbesondere im Zusammenhang mit den Schlagworten lebenslanges Lernen und Wissensgesellschaft. Aus kritischer Perspektive sind allerdings viele negative Entwicklungen festzustellen: Erwachsenenbildung ist in den vergangenen Jahren zunehmend dem ökonomischen Diktat untergeordnet worden. Bildung ist in hohem Maße zu einer Ware geworden, die am Markt gehandelt wird. Ein großer Teil der Weiterbildung richtet sich an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes aus. Dadurch wird nicht direkt ökonomisch verwertbare Bildung vernachlässigt. Der Druck, sich weiterbilden zu müssen, nimmt zu, wobei Ungleichheiten im Zugang zu Weiterbildung verstärkt werden.

Was ist schlimm daran, wenn sich Weiterbildung an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes ausrichtet?

Holzer: Wenn das fast nur noch der Fall ist, dann dient Weiterbildung immer mehr der Zulieferung an ökonomische Bedürfnisse und der Anpassung des Menschen an Leistungsnormen der Gesellschaft. Dabei sollte sie auch dazu beitragen, Menschen zu befähigen, sich kritisch mit solchen Entwicklungen auseinanderzusetzen und sich gegebenenfalls dagegen zu stellen. Aus meiner Sicht ist insbesondere die gesellschafts- und ideologiekritische Weiterbildungsforschung zu wenig etabliert und wird zu wenig gehört, auch wenn sich unser Arbeitsbereich stets darum bemüht hat.

Was sind für Sie bzw. Ihren Arbeitsbereich die spannendsten Forschungsfragen der Zukunft?

Holzer: Die ergeben sich aus dem gerade Gesagten: Welche Rolle kann und soll Erwachsenenbildung einnehmen, um Menschen zu unterstützen, gesellschaftliche Verhältnisse kritisch und reflexiv zu betrachten und verändernd zu handeln? Dazu bedarf es kritischer wissenschaftlicher Analysen von Machtverhältnissen und Interessen. Es bedarf der forschenden Reflexion von Inhalten und Konzepten in der Erwachsenenbildung. Es bedarf der Entwicklung von Ideen und Modellen, die Menschen stärken, statt sie nur anzupassen. An diesen Forschungsfragen orientieren sich auch die aktuellen Themen im Arbeitsbereich: gesellschaftskritische Analysen, interkulturelle Erwachsenenbildung, Weiterbildungsabstinenz und -widerstand, Lernen und Globalisierung usw.

Wie schätzen Sie aus Forscherperspektive die Entwicklung der Weiterbildung in den folgenden Jahren ein?

Holzer: Dazu möchte ich keine Prognose abgeben. Ich kann lediglich Befürchtungen und Wünsche äußern. Ich befürchte, dass sich die Ökonomisierung und Anpassungsorientierung der Weiterbildung weiter fortsetzen wird, dass Weiterbildung weiterhin – oder vielleicht sogar noch mehr – Warencharakter annimmt. Ich befürchte, dass Weiterbildung weiterhin vielfach die Last aufgebürdet bekommt, die angebliche Lösung für gesellschaftliche Problemlagen zu sein, z.B. indem Arbeitslosigkeit mit Weiterbildung statt mit Arbeitsplätzen oder Arbeitsverteilung bekämpft werden soll. Ich wünsche mir hingegen, und möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass es gelingt, Weiterbildung wieder verstärkt mit Kritik, Reflexion, Stärkung, Ermutigung zu Veränderung und Widerspruch zu füllen.

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