Die Gefahr ist groß, dass zu viele Hoffnungen mit einem Konzept verbunden und zwangsläufig enttäuscht werden. Aus dem Trend ist längst Mode geworden. Immer mehr Führungskräfte vertrauen ihre Sorgen und Probleme ihrem Coach an. Sie sind bereits einen Schritt weiter als ihre Kolleginnen und Kollegen, die gerade ein Coaching beginnen. Sie stehen vor der schmerzlichen Erkenntnis, dass sich die Qualität eines guten Coachings erst dann zeigt, wenn es beendet werden kann. Die Aufgabe des Coaches besteht darin, sich selbst überflüssig zu machen. Ein Ziel, das viele Coaches, die ja pro Sitzung bezahlt werden, nur allzu leicht aus den Augen verlieren. Oft helfen Coaching-Sitzungen nicht wirklich weiter, sondern führen direkt in neue, ungewollte Abhängigkeiten hinein.
Was heute zu der angeblich neuen Figur des Coaching hochstilisiert wird, ist im Grunde die älteste Führungsaufgabe überhaupt: die respektvolle und ganzheitliche Begleitung des Geführten durch seinen Lehrer, Tutor oder Supervisor. Das eigentlich Neue am Konzept des Coaching war und ist die Konzentration auf die individuelle Beziehung genau eines Mitarbeiters zu seinem Chef: Im Unterschied zu Beratung und Training dient Coaching nicht der Gruppe, sondern dem Einzelnen und findet nicht am Arbeitsplatz, sondern in Klausur statt. Nicht tagtäglich, sondern in einer bestimmten Phase - zum Beispiel bei der Integration eines neuen Mitarbeiters oder in einer Krisensituation, die persönliche oder strukturelle Ursachen haben kann. Die Funktion des Coaches lässt sich als Berater bei der Bewältigung von Krisen definieren.
Die große Kunst des Coachings besteht also darin, punktuelle Hilfe zur Selbsthilfe zu geben: Wo genau liegt das Problem? Wer sind die Beteiligten? Welche Mittel und Anleitungen kann ich dem Gecoachten auf den Weg geben, damit er die Situation im Moment lösen und spätere Krisen vermeiden kann? Keine leichte Aufgabe - und die entscheidenden Faktoren für Erfolg oder Misserfolg zeigen sich bereits in den ersten Sitzungen.