Wer macht heute eigentlich kein Coaching? Wer ist kein Coach? Und wer hat nicht von Kindesbeinen an mindestens im Top-Managementbereich gecoacht, höchst erfolgreich natürlich?! Stichelnde Übertreibung? Blanke Ironie? Weit gefehlt! Als wahrer Kenner der Szene erweist sich erst derjenige, der erlebt hat, wie ein ungetrübtes Selbstbewusstsein den Behauptungswahn vieler (selbst ernannter) Berater erfasst hat.
Man muss es gehört haben, wie Journalisten ein einfaches Verhaltenstraining vor der Fernsehkamera zum Mediencoaching hochstilisieren. Oder wie zum Teil recht lebensunerfahrene IT-Berater die Einführung in ein neues IT-Werkzeug zum EDV-Coaching hochlabeln. Und jede Produkterklärung eines Know-how-Trägers gegenüber einem technisch weniger versierten Laien droht durch die Behandlung im verbalen Windkanal zum User-Coaching zu mutieren.
Hinter dem Begriff Coaching verbergen sich viele unterschiedliche Ansätze, Methoden und Konzepte. Ein durchgängiger Konsens über Ziele, Anlässe, Vorgehensweisen und das Setting ließ sich bisher nicht herstellen. Praktiker und Wissenschaftler konzentrieren sich auf verschiedene Schwerpunkte. Die inhaltliche Diskussion ist deshalb auch heute noch, rund 15 Jahre nach Aufkommen des Coachings in Deutschland, schwer überschaubar. Manche Kritiker meinen sogar, die Szene sei unüberschaubar. Dem würde ich nicht folgen. Nach meiner Auffassung gibt es vielmehr gute Gründe, warum die Situation nicht einfach zu überschauen ist.
Der erste Grund für die schwere Durchschaubarkeit des Coachingfeldes liegt in der noch anhaltenden innovativen und experimentellen Grundsituation. Vieles wird ausprobiert und die methodische wie wissenschaftliche Durchdringung hat erst begonnen.