In Stuttgart ist Mitte September 2010 eine in Deutschland bislang einzigartige Unternehmensberatung an den Start gegangen: die KIWI AG, deren Hauptanteilseigner der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Dr. Gebhard Fürst, ist. Bis dato kannte man Kirchenleute weniger als Inhaber betriebswirtschaftlich orientierter Consulting-Firmen (es sei denn, sie haben wie Anselm Bilgri das Ordensleben an den Nagel gehängt). Meist sind sie als Führungskräfte-Seelsorger, Anbieter von wertebasierten Managerseminaren und meditativen Auszeiten im Kloster unterwegs. 'Diese Angebote bewegen sich allerdings hauptsächlich auf der Personenebene', erklärt KIWI-Vorstandssprecher Manfred Dahm. Sie seien daher nur bedingt geeignet, Sinn- und Wertfragen auf die Organisationsebene zu heben und zum immanenten Bestandteil unternehmerischer Entscheidungen und Handlungen zu machen. Genau das aber will KIWI über das Vehikel einer an christlichen Werten orientierten betriebswirtschaftlichen Beratung erreichen.
Gegründet wurde das Unternehmen von Bischof Fürst bereits 2007 – ursprünglich allerdings nur als Vermittlungsstelle zwischen werteorientierten Beratern und Unternehmen unter kirchlichem Dach. Der Response sei gut gewesen, betont Dahm. Allerdings habe die damalige Agentur mit einem Vorurteil zu kämpfen gehabt, das auf sie abstrahlte. 'Gemeinhin wird nämlich angenommen, dass die Kirche – obwohl sie selbst ein riesiges Unternehmen ist – keine Wirtschaftskompetenz habe', sagt Dahm. Nicht zuletzt dieses Imageproblem sei der Grund dafür gewesen, zur Aktiengesellschaft umzufirmieren. Als AG agiere das Unternehmen unabhängig am Markt und könne den Kundenunternehmen daher auf Augenhöhe begegnen. Im Portfolio hat KIWI eine Angebotspalette wie andere Beratungsfirmen auch: Qualifizierungsmaßnahmen, Veranstaltungen, Strategie- und Prozessberatung. Schwerpunkte sind u.a. die Felder Unternehmensübernahme, Beratung in Sachen Unternehmenswerte, Kriseninterventionen und Beratung bei Personalentscheidungen – all das unter Einbeziehung sowohl betriebswirtschaftlicher als auch ethischer Gesichtspunkte.
Personalabbau christlich gestaltenDass die christlich orientierten Berater auch in Fällen des Personalabbaus unterstützen, provoziert laut Dahm keine inneren Konflikte bei den Consultants: 'Wenn Unternehmen betriebsbedingt Kündigungen vornehmen, versuchen wir, auch diesen Prozess ethisch zu gestalten.' Das kann auch durchaus unkonventionelle Lösungen erfordern. Der Inhaber eines mittelständischen Betriebs, der mehrere Mitarbeiter entlassen musste, habe auf den Rat der Consultants hin z.B. selbst zum Telefon gegriffen und den Betroffenen neue Arbeitsplätze verschafft. Abgesehen von den teils ungewöhnlichen Ansätzen unterscheidet sich der Consultingbetrieb in bischöflichem Besitz auch noch in einem weiteren Aspekt von anderen Beratungsunternehmen: Die Gewinnüberschüsse werden zu gemeinnützigen Zwecken genutzt. So beraten die KIWI-Mitstreiter auch Firmen, die sich eine Beratung finanziell gar nicht mehr leisten könnten.