Abteilungsleiter Stefan Müller hatte schon lange vor, das Thema Gesundheit bei seinen Mitarbeitern anzusprechen. Bisher waren ihm jedoch stets drängende Aufgaben dazwischen gekommen. Nach dem Abschluss eines Projekts ergibt sich endlich die Gelegenheit, sein Team im Meeting nach Belastungen zu fragen. Die Mitarbeiter reagieren erst zurückhaltend, nennen aber schließlich doch einige Faktoren, die im Arbeitsablauf immer wieder für Stress sorgen. Müller bittet um Vorschläge, wie man diesen reduzieren könnte. Die Mitarbeiter erarbeiten mehrere Punkte, die Müller für gut erachtet. Als er die Umsetzung mit seinem Vorgesetzten besprechen will, wird er mit den Worten abgewiesen: 'Wir sind hier nicht im Mädchenpensionat, sondern in einer Vertriebseinheit.' Damit sind alle Vorschläge vom Tisch.
Das Beispiel zeigt, woran es in vielen Firmen krankt: Gesundheitsförderung wird zwar geräuschsvoll als Unternehmenswert postuliert. Doch hinter den großen Tönen stecken meist nur wenige Willige, viele Widerstände und halbherzige Aktionen. Doch ein paar Alibi-Maßnahmen wie vereinzelte Rückentrainings und ein verwaister Fitnessraum im Keller reichen bei weitem nicht aus, um die Gesundheit der Belegschaft nachhaltig zu stärken.
Allein schon deshalb, weil die Angebote in die falsche Richtung zielen: Heute ist nicht mehr der Rücken – sprich: körperliche Verschleißerscheinungen – das zentrale Problem des betrieblichen Gesundheitsschutzes, sondern die Psyche. Denn in der Ära der Kopfarbeit sind unsere mentalen Energien stärker als je zuvor in Anspruch genommen. Etwa durch die Beschleunigung von Prozessen oder den allgegenwärtigen Druck durch gestiegene Anforderungen.
Extras:- Infokasten: Bausteine einer gesunden Unternehmenskultur
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