Ein kurzer Blick in die Times genügte und schon war es für Xerox-Präsident Charles Christ mit dem geruhsamen Wochende vorbei. Wettbewerber Canon bot in einer Anzeige einen Kopierer an, der in Funktion und Leistungsfähigkeit den eigenen Produkten entsprach. Der einzige Unterschied war der Verkaufspreis: Er lag unter den Herstellungskosten der Xerox-Geräte. 'Da wurde mir klar, daß wir größere Probleme hatten als erwartet', wird Christ zitiert. Wohl wahr: Der Weltmarktanteil von Xerox war innerhalb eines Jahrzehnts von 80 Prozent auf etwas über 30 Prozent eingebrochen, und nun schickte sich Canon an, den abgehalfterten Marktführer endgültig vorzuführen.
Das drohende geschäftliche Waterloo vor Augen, schickte Christ kurzerhand ein Team von Fachleuten nach Japan. Sie sollten in Erfahrung bringen, wieso Canon Kopierer zu einem Preis auf den Markt bringen konnte, der für Xerox dem sicheren Ruin gleichkam - und das trotz aller intern bereits laufenden Programme zur Produktivitätssteigerung. Verdutzt nahmen die Experten - und mit ihnen die gesamte westliche Wirtschaftswelt - die überlegenen japanischen Management-Methoden zur Kenntnis.
Nunmehr war es der Westen, der studierte, kopierte und kapierte: Nicht die Produkte, sondern die Prozesse machen Unternehmen in zunehmend gesättigten Märkten wettbewerbsfähig. Natürlich endete der Blick über den Tellerrand mit einer grandiosen Erfolgsstory: Xerox konnte innerhalb kurzer Zeit die Fertigungskosten um 50 Prozent und die Entwicklungszeit um 66 Prozent reduzieren. Man war wieder im Rennen - und das ehemals so geschmähte 'Abgucken und Nachmachen' wurde unter dem Begriff des Benchmarking zur populären Managementmethode.
Das Prinzip klingt einfach: Man nehme die besten Praktiken anderer Unternehmen, implementiere sie im eigenen Unternehmen und versuche, es noch besser zu machen. Das hochgesteckte Ziel: Quantensprünge in Produktivität und Wertschöpfung. Als besondere Stärken des Benchmarking gelten die Objektivität und die Orientierung an 'real existierenden' Zielvorgaben, den 'benchmarks'. Denn zum einen offenbart der Blick nach außen Routinen, blinde Flecken und Fehleinschätzungen im eigenen Handeln. Zum anderen mißt sich das Unternehmen an alltagstauglichen 'best practice-Konzepten' anderer - wohingegen Managementtheorien ihre Wirksamkeit meistens schuldig bleiben…