Bestätigen können es wohl die meisten Personalmanager: Der Umgang mit Arbeitszeugnissen kann viel Zeit und Nerven kosten. Vor allem die rechtliche Verpflichtung zur wahren und gleichzeitig auch wohlwollenden Beurteilung sorgt für Schwierigkeiten: Kritik ist nur in freundlichen Worten möglich – ein Zeugnis zu schreiben, wird somit für so manchen Personaler zum sprachlichen Balanceakt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verbindung von Wahrheit und Wohlwollen durch indirekte oder „zwischen den Zeilen“ versteckte Kritik riskant ist. Denn die Gewerbeordnung verbietet, Informationen zu verschleiern oder zu verschlüsseln.
Die komplexen rechtlichen Anforderungen provozieren Missverständnisse und Konflikte: Rund 30.000 Gerichtsprozesse werden Jahr für Jahr geführt, weil Mitarbeiter sich ungerecht behandelt fühlen. Da verwundert es nicht, dass viele Personaler das Arbeitszeugnis als ärgerliches Thema ansehen. Der Ludwigshafener Personalberater Frank Adensam fordert in einer aktuellen Medienkampagne gar dessen Abschaffung.
Der Kritik gegenüber Arbeitszeugnissen zum Trotz zeigt der Blick in andere Länder aber: Wo es keine Arbeitszeugnisse gibt und Bewerber einzig auf Grundlage ihrer selbst erstellten Unterlagen ausgewählt werden, ist der Aufwand zur Überprüfung der Bewerber deutlich höher – mit negativen Folgen für die Wirtschaft. In den USA z.B. wurden in den vergangenen Jahren daher Gesetze erlassen, um Arbeitgeber zu motivieren, Zeugnisse (references) auszustellen.
Gegen die Abschaffung des Arbeitszeugnisses spricht auch, dass viele Unternehmen in Deutschland durchaus differenzierte, aussagekräftige Zeugnisse ausstellen und damit anderen Arbeitgebern die Personalauswahl erleichtern.
Extras:
Von Abwertung bis Formatierung: Die häufigsten Mängel in Arbeitszeugnissen
Zeugnisklarheit, Formulierungsfreiheit ... Wissenswertes aus Gesetzgebung und Rechtsprechung
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Schlagwörter: Arbeitszeugnis, Personalbeurteilung, Personalakte