Sie bekam einfach keine Luft mehr. Von einem Tag auf den anderen verweigerte sich Hannas Körper. Doch kein Spezialist konnte ihr helfen, kein Medikament verschaffte der 35-jährigen Architektin Linderung. Es gab keine Diagnose, nur diese Ohnmacht und das Gefühl, weder vor noch zurück zu können. In einer Therapiesitzung brach es dann aus ihr heraus: Wie der Job sie in den Klauen hatte. Seit Jahren schon, doch bis vor kurzem hatte sie es schöngeredet. Die smarte Unternehmerin gespielt. Souverän vorm Kunden, oft bis in die Morgenstunden beim Entwerfen am PC. Dass ihre Gedanken selbst im Urlaub um Projekte kreisten, spielte sie runter: 'So ist das nun mal in einem kreativen Beruf.'
Für immer mehr Menschen ist es eine Selbstverständlichkeit, endlos belastbar und rund um die Uhr einsatzbereit zu sein. Erfolg macht sexy. Stress ist in gewisser Weise schick. Stöhnen über ein Zuviel im Job? Ist eher die Ausnahme. 'Und was machst du?' ist meist die erste Frage, wenn man sich kennen lernt. Um sich gleich darauf mit tollen Leistungen zu brüsten. Die Schattenseiten werden totgeschwiegen, Überlastung wird runtergespielt. In Zeiten wirtschaftlicher Flauten und schwacher Konjunktur gilt das gleich doppelt. Da will man sich auf keinen Fall die Blöße geben, man könnte schließlich der nächste sein, der gehen muss.
Außen stark, innen schwach: Zunehmend begegnen Arbeitsmedizinern in der Hülle der scheinbar strahlenden Sieger Menschen mit schweren psychischen oder physischen Defiziten. Viele quälen sich wie Hanna, über Jahre, leiden stumm und halten ein Bündel von Beschwerden aus, das Fachleute schon Anfang der 70er Jahre unter dem Begriff 'Burnout' zusammengefasst haben.