Bei der GEMA, der Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte, sind rund zwei Drittel der Beschäftigten weiblichen Geschlechts. Trotzdem sind sämtliche 27 Führungsposten in der Hand von Männern. Dahinter steckt System, war sich eine GEMA-Mitarbeiterin sicher, die – als im Dezember 2006 ein Direktorenposten im Unternehmen vakant war – übergangen worden war: Wie der Tagesspiegel Ende November 2008 berichtete, erhielt statt der 47-jährigen Betriebswirtin ein Kollege den Job. Und zwar ohne Ausschreibung. Per Aushang wurde verkündet, dass der Mann nun im Direktorium sitze. Gegenüber der ausgebooteten Kollegin trumpfte er daraufhin mit frechen Sprüchen auf. Die Frau, die nach eigenen Angaben für ihre Arbeit als Abteilungsleiterin Personal bei der GEMA schon damals schlechter bezahlt wurde als ein Kollege, der die gleiche Arbeit machte, ließ das nicht auf sich sitzen. Sie zog mit einer Diskriminierungsklage vor das Landesarbeitsgericht – und erhielt in erster Instanz Recht. Das Besondere an dem Fall: Erstmalig akzeptierte ein Gericht statistische Daten als Beweis. Die Klägerin nämlich hatte einen Mathematiker damit beauftragt, auszurechnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit in einem Betrieb mit zwei Dritteln Frauen ist, dass keine Frau eine Führungsposition bekleidet. Ergebnis der Simulationsrechnung: Die Wahrscheinlichkeit liegt bei einem lächerlichen Prozent. Dieser Umstand wie auch die Tatsache, dass das Unternehmen nicht nachvollziehbar darlegen konnte, wie die Personalentscheidung zustande gekommen war, führte zu dem Urteil, in dem die GEMA dazu verpflichtet wurde, der Klägerin fortan das gleiche Gehalt zu zahlen wie dem Kollegen – was monatlich gut 1.400 Euro mehr sind als bisher. Zudem muss das Unternehmen der Frau den bisherigen Verdienstausfall in Höhe von 28.214,66 Euro nachzahlen. Für die diskreditierenden Sprüche des zum Chef aufgestiegenen Kollegen, die es als Mobbing wertete, beraumte das Gericht weitere 20.000 Euro als Schadensersatzzahlung an.
Diskriminierung wegen Alter und Geschlecht am häufigstenZwar wollen beide Seiten gegen das Urteil in Revision gehen. Dennoch bleibt festzuhalten: 'Dieses Urteil ist ein Meilenstein', kommentiert Antje Goll von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Berlin. In der Beratungsstelle sind seit Inkrafttreten des Antidiskriminierungsgesetzes, im August 2006, bis Ende Oktober 2008 5.866 Anfragen von Menschen eingegangen, die sich diskriminiert fühlten (rund 1.900 dieser Kontakte waren Mehrfachkontakte). Die meisten der Anfragen bezogen sich auf Diskriminierungen wegen des Alters (26 Prozent) und des Geschlechts (22 Prozent). Unter Letzteren waren bislang sieben Fälle, in denen Frauen sich darüber beklagten, dass ihnen in ihrem Unternehmen der Aufstieg in eine Führungsposition aufgrund des Geschlechts verwehrt sei. Seltener wurde die Antidiskriminierungsstelle dagegen wegen Diskriminierungen aufgrund von Behinderung (17 Prozent), ethnischer Herkunft (17 Prozent), Religion (acht Prozent), Weltanschauung (drei Prozent) und sexueller Identität (sechs Prozent) um Rat gefragt. Wie viele Fälle letztlich tatsächlich vor Gericht gelandet sind und wie die entsprechenden Verfahren ausgingen, darüber gibt es bislang keine verlässlichen Daten.