Wird der Trainerberuf in Zukunft akademisch? Wenn es nach dem DVWO und dem Didacta Verband geht: ja. Die Verzahnung von Trainerausbildung und Hochschulbildung bis hin zum Abschluss 'Master of Arts in Training' ist das große Ziel. Klingt gewagt, geht aber mit den aktuellen Umwälzungen in der Bildungslandschaft kongruent. Diese nämlich laufen auf größere Durchlässigkeit zwischen den Bildungsbereichen hinaus.
Einer regelrechten Herkulesaufgabe haben sich der Didacta Verband und der Dachverband der Weiterbildungsorganisationen (DVWO) verschrieben: Sie wollen den Trainerberuf auf akademisches Niveau heben bzw. an die Hochschulausbildung andocken. In der Praxis soll das – vereinfacht gesagt – in etwa so aussehen: Wer sich an einem
Ausbildungsinstitut zum Trainer hat ausbilden lassen, soll – sofern das Institut entsprechend zertifiziert ist – später mit dieser nicht akademischen Grundqualifizierung an einer Hochschule ein passendes Studium aufsatteln können. Und zwar – und das ist der entscheidende Punkt – von vornherein auf einem höheren Niveau als ein Erstsemester ohne jede Vorbildung. Weiterhin sollen Kooperationen zwischen nicht akademischen Trainerausbildern und Hochschulen Trainern eine Ausbildung mit akademischem Abschluss (z.B. 'Master of Arts in Training') ermöglichen. Soweit die Idee – die natürlich noch längst nicht Realität ist. Aus Sicht von DVWO-Präsident Dr. Uwe Genz hat sie allerdings gute Aussichten, es zu werden. Denn: Sie entspricht dem, was derzeit auf europäischer Ebene mit dem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQF) und auf deutscher Ebene mit dem Nationalen Qualifikationsrahmen (NQF) angestrebt wird.
Zum Hintergrund: Der Europäische Qualifikationsrahmen ist eine Art Übersetzungssystem, das über Ländergrenzen hinweg Qualifikationen und die zu ihnen führenden Bildungswege vergleichbar machen soll. Er dient aber auch dazu, Qualifikationen über Bildungssektoren hinweg anrechenbar zu machen, so dass z.B. berufliche Qualifikationen auch von Hochschulen anerkannt werden können. Das ist möglich, weil sich der EQF nicht an Bildungswegen, sondern an Leistungsergebnissen orientiert.
Der Rahmen besteht aus acht Stufen bzw. Qualifikationsniveaus, für die bestimmte Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen beschrieben sind. Ab Stufe fünf entsprechen die Niveaus universitären Ausbildungsniveaus. Mit dem Qualifikationsrahmen verbunden ist ein Kreditpunktesystem, das European Credit System for Vocational Training and Education (ECVET). Das heißt: Die Zuordnung einer Person zu einem Niveau des Qualifikationsrahmens wird über Punkte erfolgen, die für Lernergebnisse vergeben werden. Dieses ECVET-System, das derzeit europaweit in Modellprojekten erprobt wird, ist angelehnt an das bereits bestehende Hochschul-Credit-Points-System ECTS, das es Studierenden ermöglicht, innerhalb Europas von Hochschule zu Hochschule zu wechseln und sich erbrachte Leistungen im Ausland anerkennen zu lassen. ECVET und ECTS sollen insofern in Einklang gebracht werden, als berufliche Lernleistungen zukünftig auch auf Hochschulstudiengänge angerechnet werden können sollen – indem die ECVET-Punkte in ECTS-Punkte umgerechnet werden.
Der EQF ist allerdings nur ein Meta-Qualifikationsrahmen. Das bedeutet: Jedes Land in Europa muss ihn bis 2010 in einem entsprechenden 'Nationalen Qualifikationsrahmen' (NQF) umsetzen. Dadurch sollen nationale Besonderheiten der Bildungssysteme berücksichtigt werden. Während einige europäische Staaten schon einen solchen Nationalen Qualifikationsrahmen erarbeitet haben (so etwa Österreich und Frankreich), steckt man in Deutschland noch mitten im Prozess.
Status quo: Nicht akademisch erworbenes Vor-Wissen gilt an der Hochschule nichtsDie Durchlässigkeit, die dereinst mit dem NQF erreicht werden soll, ist daher hierzulande bislang noch Zukunftsmusik. 'Zwar sind die Hochschulen mittlerweile so weit, dass sie z.B. auch Meister analog zu Personen mit allgemeiner Hochschulreife zum Studium zulassen. Aber diese müssen – ungeachtet dessen, dass sie oft jahrelange Berufserfahrung, viele Fortbildungen und selbst Erfahrungen als Ausbilder hinter sich haben – im ersten Semester bei null anfangen', sagt DVWO-Präsident Dr. Uwe Genz.
Entsprechend geht es dem langjährig erfahrenen Trainer, der beispielsweise einen Hochschulabschluss als Kommunikationstrainer anpeilt: Rückstufung auf null, Anfang beim Bachelor. 'Und das, obwohl die Fächerkombi aus vielen Modulen besteht, die komplett identisch mit dem sind, was der Studienanfänger auf nicht akademischem Weg schon gelernt hat', so Genz. Wenn es jedoch aufseiten der Hochschulen im Sinne des Nationalen Qualifikationsrahmens eine Stelle gäbe, die nicht universitäre Qualifikationen prüft, indem sie die erreichten ECVET-Punkte in entsprechende ECTS-Punkte umrechnet, dann könnte die Sache für den Trainer anders aussehen: 'Dann könnte z.B. herauskommen, dass der Bewerber auf nicht universitärem Wege 200 ECTS-Punkte erreicht hat und damit ein Niveau, das dem Bachelor entspricht', erklärt Genz. Folglich könnte der Trainer sein Studium auf einem höheren Niveau antreten und schneller zu einem akademischen Abschluss gelangen.
Wünschenswerter Effekt: Anbieter unter QualitätsdruckDem DVWO und dem Didacta Verband schwebt sogar ein eigens zu schaffender Abschluss für Weiterbildner vor: der 'Master of Arts in Training' als Produkt einer vertraglichen Kooperation von nicht universitärem Ausbildungsinstitut und Hochschule. Der gute Nebeneffekt für den Weiterbildungsmarkt ist aus Sicht von Uwe Genz der steigende Qualitätsdruck auf die Ausbildungsinstitute. 'Denn wer mit einer Hochschule kooperieren und Trainer mit akademischem Abschluss hervorbringen will, wird sich vorab zertifizieren lassen müssen', sagt Genz. Gemeint ist beispielsweise eine Prüfung bei Gesellschaften wie Eurocert, Certqua und Co. 'Auf diese Weise könnten wir die Anbieter dann auch prima in Richtung Qualitätsentwicklung schubsen', so die Hoffnung des DVWO-Präsidenten und seiner Mitstreiter.
Bis es so weit ist, werden aber wohl noch Jahre verstreichen. Zwar soll der Nationale Qualifikationsrahmen bis Ende dieses Jahres konzipiert sein, erklärt Genz, dessen Verband an der Entwicklung beteiligt ist. Doch zeige die Erfahrung mit dem Bologna-Prozess, dass jede Menge Phlegma und Widerstände zu überwinden sind, bis solch ein System Eingang in die Köpfe und die reale Bildungslandschaft gefunden hat. Zudem wird die Zukunftsmusik derzeit noch dadurch getrübt, dass viele Musiker zwar aufspielen, aber weit davon entfernt sind, als Orchester zusammenzuwirken. Prosaischer ausgedrückt: 'Es wird an allen möglichen Stellen von allen möglichen Akteuren viel gemacht, aber das Ganze ist nicht zentralisiert', weiß Genz. Ziel sei nun erst einmal, die verschiedenen Akteure zusammenzubringen und Klarheit darüber zu schaffen, welche Ansatzpunkte für die angedachten Neuerungen bereits heute existieren, so der Verbandschef. So gebe es beispielsweise jede Menge Kooperationen zwischen einzelnen Hochschulen und Ausbildungsinstituten oder zwischen deutschen Ausbildungsinstituten und ausländischen Hochschulen. Aus DVWO- und Didacta-Sicht spricht auch nichts dagegen, parallel dazu, bevor es eine umfassende Lösung gibt, einen 'Master of Arts in Training' bereits mit einzelnen interessierten Hochschulen und Ausbildungsinstituten aufzusetzen. Genz: 'Wir haben dafür schon jetzt ernsthafte Interessenten.'