„Führungskräfte wissen heutzutage nicht, was morgen sein wird, müssen aber aus dem Morgen heraus führen“ – so umreißt Dr. Nino Tomaschek ein Dilemma, mit dem das moderne Management in einer Welt extremer Komplexität und Schnelllebigkeit konfrontiert ist. Um Komplexität dreht sich auch die 3. Augsburger Konferenz des ZWW – Zentrum für Weiterbildung und Wissenstransfer der Universität Augsburg. Laut ZWW-Bereichsleiter Tomaschek folgt die Veranstaltung der These, dass es einer neuen Kompetenz bedarf: der Kompetenz, Komplexität zu managen. Mit dem herkömmlichen Führungsverständnis der Steuerung komme man unter den heutigen Bedingungen nicht mehr weiter, sagt Tomaschek und unterstreicht die These mit einem Beispiel aus der Luftfahrtindustrie: „Früher waren dort Produktlebenszyklen von 30 Jahren normal. Das heißt: Wirkliche Neuerungen gab es erst nach gut drei Jahrzehnten. Dieser Zeitraum hat sich mittlerweile auf nur vier Jahre verkürzt.“ Welche Implikationen ergeben sich daraus für Führung im Unternehmen? Was soll, was kann Führung unter diesen Bedingungen überhaupt leisten?
Die Konferenz will Antworten auf diese Fragen finden. Keynote-Speaker Fred Kofman etwa bricht die Fragen auf das Individuum herunter und will in seinem Vortrag deutlich machen, was es aus seiner Sicht braucht, um eine „bewusste“ Organisation zu schaffen, also eine, in der alle Mitarbeiter wissen, was das gemeinsame Ziel dessen ist, was sie tun. Jeffrey H. Goldstein, Professor für Management, Marketing and Decision an der Adelphi University, Garden City, New York, will einen an seiner Hochschule entwickelten neuen Ansatz zum Management von Komplexität vorstellen. Die These: Unternehmen sind heute so komplex, dass sich nicht einmal Vorstandsvorsitzende anmaßen können, sie zu steuern. Dem müssen sich die Unternehmen bewusst werden – und dann Rahmenbedingungen bzw. Ordnungsparameter schaffen, die die Selbststeuerung des Systems stützen.
Selbststeuerung ist auch das große Thema von Wissenschaftlern wie Dr. Klaus Mainzer, Professor für Philosophie und Wissenschaftstheorie an der TU München, sowie Professor Dr. Dr. Hermann Haken, Emeritus am ersten Institut für Theoretische Physik der Universität Stuttgart, die Impulse aus dem Bereich der Kybernetik und Synergetik liefern wollen. Eine reine Vortragsveranstaltung soll die Konferenz indes nicht sein. „Wir achten sehr darauf, das Publikum aktiv einzubeziehen“, sagt Tomaschek. Daher seien an beiden Konferenztagen nicht nur Workshops, sondern auch Großgruppenformate wie World Café und Zukunftswerkstatt vorgesehen. Ungewöhnlich: Am Tag vor dem eigentlichen Kongress findet mit allen Dozenten ein vorbereitender Workshop statt. Ziel ist ein Perspektivenabgleich – auf dass sich ein roter Faden durch die Veranstaltung ziehe.