Ob beruflich oder privat - systemisch zu denken erleichtert das Leben. Davon sind die Autoren Martin Lehner und Falko E. P. Wilms überzeugt. Doch die Fähigkeit zum systemischen Denken ist alles andere als simpel, ist auch den Autoren bewusst. Mit ihrem Buch 'Systemisch denken - klipp und klar' versuchen sie den Zugang zu der Denkweise zu erleichtern, die das Zusammenspiel wirksamer Einflussfaktoren innerhalb sozialer Systeme sichtbar macht, Prozesse anstößt und Lösungen findet. Ihr Anliegen: Systemtheorie und systemisches Denken anhand konkreter Beispiele einfach und verständlich darzustellen. Die angeführten Beispiele stammen dabei aus Beruf und Alltag: Die subjektive Einschätzung der Chancen auf Beförderung wird ebenso thematisiert wie Entscheidungshilfen zur Wahl eines passenden Geburtstagsgeschenks.
Doch bevor die Praxis das systemtheoretische Dunkel erhellen kann, präsentieren die beiden Hochschullehrer zunächst ihre 'Ideen'. Dabei handelt es sich um vier systemische Denkstrukturen: Denken in Systemen, in Grenzen sowie in Differenzen und Gemeinsamkeiten. So erläutern sie etwa das Denken in Differenzen, bei dem der Fokus auf Unterschiede und Bedeutsamkeit liegt und dadurch die wichtigsten Informationen zu einem Sachverhalt herausgestellt werden. Die dem Differenzdenken entsprechende Methode ist das 'Differenzprofil' - ein Verfahren, mit dem sich auf dem Gebiet der Kompetenzentwicklung wertvolle Informationen generieren lassen. Die Methode konkretisiert Fähigkeiten, die eine Person oder Gruppe hinsichtlich ihrer Bedeutung und Aufgabe in einer Organisation von anderen unterscheidet. Der Fokus auf Unterschiede ermöglicht nach Ansicht der Autoren eine schnelle und umfassende Analyse der Ist-Situation sowie die Erstellung
eines aufgabenspezifischen, zielorientierten Kompetenzprofils.
Die Lektüre bedient beinahe jeden Geschmack und Anlass: Das Repertoire der zehn angeführten Methoden und Instrumente reicht von der Technik der Modellbildung über den Papiercomputer bis zur Ideen-Box. Grafiken, Schaubilder und praktische Beispiele helfen, abstrakte Theoriegebäude und wissenschaftlich geprägte Formulierungen in praktikable Anleitungen zu übersetzen.
Aber keine Praxis ohne Theorie: Sparen die Autoren in den ersten zwei Kapiteln mit theoretischen Verweisen, geben sie im letzten Kapitel einen Überblick zu den wichtigsten Schulen der Systemtheorie und verknüpfen die verschiedenen Ausrichtungen mit den einzelnen Denkweisen und Techniken. Die erläuterten Ideen und Instrumente erhalten ein theoretisches Fundament. Der Kreis schließt sich. Trotzdem bleibt eine Frage offen: Ist Systemtheorie nach dieser Lektüre wirklich verständlicher?
Fazit: Vorkenntnisse erwünscht! Wer bereits mit der Materie vertraut ist, wird Anregungen für sein systemisches Repertoire finden und damit arbeiten können.
Von Martin Lehner und Falko E. P. Wilms, 128 S., brosch., Orell Füssli, Zürich 2002, ISBN 3-85743-711-1, 23,50 Euro.