Um es direkt vorwegzunehmen: Das Buch hält, was der Titel verspricht. Viktor Lau hat tatsächlich ein Schwarzbuch geschrieben, also ein Buch, das (vermeintliche) Missstände aufdeckt und anprangert. Sein 'Schwarzbuch Personalentwicklung' ist sogar eines der deftigeren Sorte, der Untertitel 'Spinner in Nadelstreifen' gibt die Tonalität vor, die der erfahrene Personalentwickler brutal durchzieht: Er nennt seine Personalentwickler-Kollegen 'ahnungslos', spricht von „Humbug“ in der Weiterbildung, der sogar die freiheitlich-demokratische Grundordnung in unserem Land gefährde.
Nun könnte man vermuten, Viktor Lau sei ein frustrierter Personalentwickler, ein Weiterbildungskunde und -einkäufer, der schlechte Erfahrungen gemacht hat und den sein Frust zu einem 'Spinner in Nadelstreifen' hat werden lassen – und das Buch ad acta legen. Doch damit würde man es sich zu einfach machen, täte dem Autoren und seinem Werk unrecht. Denn beim Lesen merkt man schnell, hier schreibt jemand, der zu analysieren und zu argumentieren weiß – und zwar über eine Materie, in die er tief eingedrungen ist. Laus Kritik ist nicht einfach aus der Luft gegriffen. So prangert er etwa 'methodische Einseitigkeit' in der Weiterbildung an. Hier möchte man nicken und gleichzeitig den Kopf schütteln. Ja, in der Weiterbildung gibt es dieses Phänomen. Und nein, die meisten Weiterbildner fahren nicht stur methodisch eingleisig, nein, sie kennen nicht nur die eine, ihre Methode. So ergeht es einem bei der Lektüre des Buches wieder und wieder: Man nickt, denn die angeführte Kritik hat durchaus ihre Berechtigung. Um gleich darauf wieder den Kopf zu schütteln: Nein, der Vorwurf ist jetzt doch übertrieben und ihn pauschal an alle Weiterbildner zu richten, geht zu weit.
Neben der grundsätzlichen Kritik an Weiterbildung und Personalentwicklung bekommen einzelne Gruppen separat ihr Fett weg: systemische Berater, Anbieter von Typentests, Organisationsaufsteller, Coachs, AnÂÂbieter von tiergestützten Trainings … Lau lässt nur an wenigen und wenigem in der Weiterbildungswelt ein gutes Haar. Wobei man sich ernstlich fragt: Hat Viktor Lau wirklich (fast) alle Weiterbildner gefressen? So ganz glauben will man es nicht. Aber Lau hat sich nun einmal dafür entschieden, selektiv auf das Schlechte zu schauen, die Weiterbildungswelt schwarz – mit ein wenig Weiß auf den letzten Seiten des Buches, auf denen er über 'vernünftige Personalentwicklung' schreibt – zu zeichnen. Vielleicht hätte dem Buch weniger Pauschalisierung und mehr Differenzierung zwischen guten Anbietern und schwarzen Schafen gut getan. Vielleicht aber auch nicht. Denn dann hätte sich keiner aufge-regt, dann hätten wahrscheinlich nur wenige das Buch zur Kenntnis genommen. So aber regt es zur Diskussion an, zur kritischen Reflexion über den Weiterbildungsmarkt, und das kann diesem schließlich nicht schaden.